3-2-1 Backup-Strategie für Fotografen
"Speichervolumen voll!" Ein Fenster mit dieser Meldung poppte beim letzten Bildimport in Lightroom auf. "Das kann doch gar nicht sein", war meine erste Reaktion. Aber es konnte doch. Die 50 Megapixel meiner neuen Kamera fraßen meinen Speicherplatz schneller auf als erwartet. Nicht, dass ich es nicht gewusst hätte, ich habe die Tatsache einfach verdrängt. So sehr ich mich innerlich weigerte, ich musste meine Speicher- und Backupstrategie neu anpassen. Das letzte Mal war das vor gut 3 Jahren, als ich mir eine 4 TB Festplatte für meinen Rechner und eine gleich große externe Festplatte als Backup besorgt habe. Die einfachste Variante wäre jetzt, die 4 TB Festplatten gegen nun preislich erschwingliche 6 TB Platten zu tauschen. Ich wollte dieses Mal aber etwas weiter in die Zukunft vorausschauen und begann meine Überlegungen zu meiner neuen Speicher- und Backupstrategie.
Die 3-2-1 Regel, der heilige Gral für Backups
Nach einiger Recherche lief alles auf die allgemein empfohlene und weitverbreitete 3-2-1 Backup-Strategie hinaus. Dieses Konzept ist sozusagen der "Heilige Gral" für Backups und besagt folgendes:
3, weil es von jeder Datei mindestens 3 Kopien geben muss
2, weil mindestens 2 Kopien lokal auf unterschiedlichen Medien vorliegen müssen
1, weil mindestens 1 Kopie extern (räumlich getrennt von den anderen Kopien) gelagert werden muss
Wer sich an die 3-2-1 Strategie hält, hat ein sehr hohes Maß an Sicherheit für eine Vielzahl von Szenarien. Zumindest darin sind sich die Experten einig. Ist die Festplatte mit der Arbeitskopie defekt, kann man schnell auf die lokale Kopie zurückgreifen. Im Falle eines Brandes oder eines Diebstahls wird die externe (dritte) Kopie wichtig.
Ich entschloss mich also auch die 3-2-1 so gut wie möglich umzusetzen. Das klingt zwar zunächst einfach, ist es aber nicht. Folgende Fragen haben sich mir gestellt:
- Wo speichere ich meine Originalbilddaten, also alle RAW-Files?
- Wo sollte meine 2. Kopie, also das erste Backup gespeichert werden?
- Und vor allem wie und wo sollte ich eine externe 3. Kopie realisieren?
Nach einigen Überlegungen kam ich zu folgendem Schluss: Ich will in Zukunft meine Originalbilddaten auf einem sogenannten NAS, einem Network Attached Storage speichern. Ein NAS ist nichts anderes als ein kleiner autonomer Server, der über das Netzwerk mit dem Desktoprechner verbunden ist. So ein Nas gibt es in verschiedenen Ausführungen. Für mich interessant sind Geräte mit 2, 4 oder gar 5 Festplatteneinschüben. Bei den Varianten mit mehr Festplatteneinschüben kann man recht einfach durch Einsetzen einer neuen Festplatte den Speicher erhöhen.
RAID oder nicht RAID, das ist hier die Frage
Beim Thema NAS stößt man unweigerlich auf den Begriff RAID. Aber was ist das? Nun, kurz gesagt eine Methode wie Daten auf mehreren Festplatten verteilt gespeichert werden können. Nimmt man ein NAS mit zwei oder mehr Festplatteneinschüben, kann man einen sogenannten RAID-Verbund einrichten. Es gibt, als wäre es nicht schon kompliziert genug, verschiedene Arten von RAID. Allen ist aber gemeinsam, dass bei Ausfall einer Festplatte, die Daten trotzdem noch verfügbar bleiben. So kann zum Beispiel bei einem RAID 5 mit 3 Festplatten, eine Festplatte ausfallen und dennoch kann zu jeder Zeit noch auf alle Daten zugegriffen werden. Diese Ausfallsicherheit erkauft man sich mit Festplattenkapazität. So hat man bei RAID 5 und 3 x 4 TB Festplatten nicht die vollen 15 TB zur Speicherung zur Verfügung, sondern nur 8TB, die restlichen 4 TB gehen für den Ausfallschutz drauf.
Eines ist mir im Zuge meiner Recherche schnell klar geworden, egal welches RAID, es ist nie ein Ersatz für ein Backup. Der Grund: Ist eine Datei defekt oder wird versehentlich eine Datei gelöscht, dann kann ich sie bei keinem RAID der Welt retten, denn die Datei ist auch auf dem RAID System defekt oder gelöscht. Das Einzige, was dagegen hilft: Ein echtes Backup!
Dennoch die Frage: Wenn ich jetzt ein NAS habe, welches RAID soll ich nun nehmen? Ich mach es kurz: Gar keines. Für mich als Einzelkämpfer ist es nicht wichtig, dass das NAS zu jeder Zeit verfügbar ist. Viel wichtiger ist mir, dass ich im Falle eines Festplattendefekts schnell auf meine Backups zurückgreifen kann. Ich werde also für meinen NAS-Datenspeicher KEIN RAID verwenden und alle Festplatten als eigens Volumen ansprechen.
Ein NAS kommt selten allein
Mein NAS für die Daten ist mit 2 Festplattensteckplätzen (2-Bay) ausgestattet und wird - wie zuvor erwähnt - nicht mit einem RAID betrieben. In meinem Fall steckt zunächst nur eine 6 TB Platte in einer Synology DS 216j. Bei meiner Datenmenge von aktuell 4TB reicht das im Moment noch. Ich rechne aber mit einem jährlichen Zuwachs von 0.5 - 1 TB, was heißt, dass die 6TB Platte in 1-2 Jahren voll sein wird. Ich werde dann eine zweite 6 oder 8 TB Festplatte in den zweiten noch freien Festplatten Schacht geben und habe dann noch mal die mindestens doppelte Kapazität zur Verfügung.
Der nächste Schritt zu meiner ultimativen Backupstrategie mag etwas ungewöhnlich erscheinen. Ich bestellte mir das exakt gleiche Synology NAS (DS 216j) noch einmal und bestückte dieses auch mit einer 6TB Festplatte. Ich habe jetzt also zwei NAS Systeme, nennen wir mal das erste Daten-NAS und das zweite Backup-NAS. Das Daten-NAS macht täglich eine Sicherung auf das Backup-NAS. Zwei identische NAS-Systeme, ist das nicht ein wenig Overkill? Nun, für mich liegen die Vorteile dieser Lösung auf der Hand:
- Die ausgewählten NAS-Systeme sind günstig, aber ausreichend.
- Ist das Daten-NAS beschädigt, kann ich schnell auf das Backup-NAS wechseln.
- Die NAS-Systeme arbeiten trotz ausgeschaltetem Hauptrechner.
- Backups können vollautomatisch im Hintergrund ablaufen.
Speziell Punkt 4 ist für mich wichtig. Hätte ich eine externe Festplatte angeschlossen, müsste immer der Hauptrechner laufen, wenn die Sicherung erfolgt. Mit zwei NAS System läuft das leise, stromsparend und vor allem automatisch ab. Ich kenne mich nämlich nur zu gut. Backups, welche nicht automatisch ablaufen, funktionieren bei mir nur eine Zeit lang. Irgendwann werde ich nachlässig, die Sicherungsabstände immer länger und manchmal vergesse ich sogar darauf.
Mit dieser Konfiguration habe ich schon mal 2 der 3 geforderten Kopien auf getrennten Systemen. Für die ultimative Backup-Strategie braucht es aber noch eine dritte externe Kopie.
Wohin mit der externen Datenkopie
Die 1 in der 3-2-1 Strategie besagt: Mindestens eine Datenkopie extern lagern. Die Worst-Case-Szenarien sind klar: Bei einem Brand, einer Überflutung oder bei einem Diebstahl sind alle Daten am Ort der Katastrophe weg, selbst wenn dort mehrere Backups - in meinem Fall zwei NAS-System - vorhanden waren. Retten kann einen dann nur mehr ein externes Backup. Soweit so gut, aber nur wohin mit dem externen Backup?
Zunächst entschied ich mich für eine Cloud-Lösung, und zwar für Amazon Drive. Für 70 Euro pro Jahr erhält man unbegrenzt Speicher. Ist das die ultimative Lösung? Nun nicht ganz, wie ich feststellen musste. Die Probleme liegen hier im Detail. Mit meinen 4 TB Daten hätte trotz schneller Leitung ein Upload zu Amazon Drive über einen Monat gedauert.
Hier könnte man noch sagen, dass das ja nur einmalig ist und dass danach nur mehr die Änderungen upgeloadet werden müssen. Ja das ist richtig, aber im Worst Case will ich meine Daten auch schnell wieder haben. Große Daten, Cloud und schnell widersprechen sich momentan noch, leider. Nach reiflicher Überlegung brach ich also den Amazon-Drive-Upload nach 8 Tagen ab und suchte nach einer anderen Lösung.
Wieder tummelte ich mich in diversen Foren in den Weiten des Internets und entschied mich schließlich - getreu dem Motto "Keep it simple" - für eine externe USB-Festplatte als externe Sicherung. Diese Festplatte schloss ich über eine USB-Dockingstation an mein Daten-NAS an. Leider funktioniert dieser Schritt nicht vollautomatisch. Ich mache also nun einmal die Woche ein weiteres Backup auf diese Festplatte und lagere sie dann außerhalb meines Büros. Ich werde einfach weiter hoffen, dass es in Zukunft schnelle und erschwingliche Cloudlösungen für große Daten gibt.
Zusammenfassung meiner Konfiguration
Hier noch mal meine Konfiguration in grafischer Form.
Hardware-Komponenten
Daten-NAS
Synology DS 216j mit 1 x 6TB WD Red Festplatte
Backup-NAS
Synology DS 216j mit 1 x 6TB WD Red Festplatte
externes USB Backup
USB-Dockingstation mit 1 x 6TB Festplatte
Gigabit-Switch
um halbwegs schnelle Verbindungen im Neztwerk zu ermöglichen
Ich verwende NAS-System von Synology. Warum? Keine Ahnung, da ich bislang keinerlei Erfahrung mit NAS-Systemen hatte, habe ich mich auf die Bewertungen in einschlägigen Internetportalen verlassen. Die gleiche Konfiguration ist aber mit Sicherheit mit Geräten anderer NAS-Hersteller - wie zum Beispiele QNap - genauso möglich.
Mein Workflow
In der Kamera stecken 2 Speicherkarten, auf denen die Bilder synchron gespeichert werden. Sollte eine Karte defekt sein, sind die Bilder auf der anderen noch vorhanden. Die Bilder werden dann über einen Kartenleser in Lightroom importiert und direkt auf dem Daten-NAS abgespeichert (1. Kopie). Täglich wird ein versioniertes Backup vom Daten-NAS auf das Backup-NAS gemacht (2. Kopie). Einmal pro Woche wird dann ein weiteres Backup vom Daten-NAS per USB-Hub auf eine externe Festplatte gemacht (3. Kopie). Dieses dritte Backup wird dann außerhalb meines Büros, also in einem anderen Brandabschnitt gelagert.
Vorteile dieses Workflows für mich:
- Zwei NAS-System, die vollautomatisch und ohne eingeschaltetem Hauptrechner Backups machen können.
- Bei Ausfall des Daten-NAS kann ich sofort auf das Backup-NAS wechseln.
- Wegen des Verzichts auf RAID ist die volle Speicherkapazität nutzbar.
- Speicherkapazität ist durch Hinzufügen weiterer 6 oder 8 TB Platten schnell und günstig verdoppelbar.
Es gibt aber auch Nachteile:
- Im (unwahrscheinlichen) Fall, dass ich gerade das USB-Backup mache und eine Überspannung alles zerstört, wären alle Daten weg.
Lösung wäre hier noch immer das Backup-NAS extern zu geben (z.B: zu einem Freund) bzw. eine zweite USB Festplatte besorgen (eine die dann immer extern gelagert wird).
- Weil kein RAID müssen bei Kapazitätserweiterung zusätzliche Backup-Jobs angelegt werden, da dann mehrere Volumes vorhanden sind
- Backup läuft nicht ganz vollautomatisch ab (externes Backup geht nur händisch)
Fazit
Das Projekt "Speicher- und Backup-Strategie für große Daten" habe ich nun vorerst einmal abgeschlossen. Optimieren könnte man das System sicher noch, aber ich denke, mit der oben genannten Konfiguration, bin ich für die nächsten Jahre gerüstet. Die 3-2-1 Regel für Backups ist für mich ausreichend abgedeckt. Wie oben schon erwähnt ist es für mich wichtig, dass zumindest die zweite Kopie täglich und vollautomatisch erstellt wird. Selbst bei viel Arbeit oder Vergesslichkeit wird zumindest ein Backup immer gemacht.
Nun bis du dran? Wie sieht deine Bachup-Strategie aus. Was unternimmst du gegen den Supergau? Ich freue mich sehr über deinen Kommentar!
Und Jetzt? Jetzt geh ich wieder mal raus fotografieren ...