Warum sich ein Besuch auf Sardinen außerhalb der Saison nicht nur für Fotografen lohnt

30. April 2019 von Christof Simon

Unverständliches Gebrabbel unterbrochen von lautem Knacken reißt mich jäh aus meinen Träumen. Der kaputte Lautsprecher unserer Kabine gibt nur Unverständliches von sich. Aber es ist eigentlich auch egal, denn viel mehr als ein "Willkommen auf Sardinien", die Uhrzeit und das aktuelle Wetter wird es nicht sein. Viel wichtiger als ein Morgengruß vom Kapitän war mir der erholsame Schlaf, den ich mir auf der Autofähre von Livorno nach Golfo di Aranci holen konnte. Trotz anfänglichem Wackeln und brummen der Schiffsmotoren hat das gut geklappt. Nach dem Verlassen der Fähre freuen wir uns schon auf das Frühstück an dem schönen Strand nahe des Hafenstädtchens. Er kann also endlich beginnen, unser dritter Besuch auf Sardinien.

Sardinien hat sich als zweitgrößte aller Mittelmeerinseln einen Namen als Sommerurlaubsdestination von Italienern, Deutschen, Schweizer und Österreichern gemacht. Der Insel werden besonders schöne Strände, sauberes Wasser und - als Zweitwohnsitz vieler Prominenter - ein Hauch von Extravaganz nachgesagt.

In der Hauptferienzeit - also im Juli und August - hat das angeblich aber auch seine Nachteile. Die Strände sind überfüllt, die Preise sind gesalzen, es ist unerträglich heiß und sogar der sonst so freundliche Sarde soll manchmal gereizt reagieren.

Angeblich - denn ich persönlich kann es nicht beurteilen. Ich war schon, wie erwähnt, einige Mal auf Sardinien, aber nicht in der Hauptsaison. Ich kenne die Nachteile des Sardinienurlaubs nur vom Hören und Sagen. Selbst erlebt hab ich sie noch nie, im Gegenteil. Wenn ich auf Sardinien war, kann ich berichten von einsamen Stränden, blühenden Blumen, feinen Temperaturen, freundlichen Menschen und ungemein attraktiven... Landschaften. Für mich als Landschaftsfotograf nicht ganz unwichtig :-)

Bizarre Felsformationen nahe des Testa di Polopo auf La Maddelena

Wir haben dieses Mal wieder Orte besucht, die wir schon kannten, aber auch viel Neues entdeckt. Zum Neuen zähle ich das Inselarchipel La Maddalena im Nordosten Sardiniens. Von den 7 größeren Inseln haben wir nur die Hauptinsel La Maddalena und Caprere besucht. Beide sind mit einer Brücke verbunden und ein Eldorado für Naturliebhaber und Wanderer. Speziell Caprere ist kaum bewohnt. Besonderes Highlight sind für mich die bizarren Steinformationen am und in der Umgebung des Strandes "Testa di Polopo". In durch wilde Pfade verbundenen Steingärten hat man schnell das Gefühl sich auf einem anderen Planeten zu befinden. Besonders für Fotografen ist es hier enorm ergiebig.  

Detailansicht eines aus dem Wasser ragenden Felszackens (Testa di Polopo auf La Maddelena)
 
 
Auf der Sardischen Hauptinsel besuchten wir einen alten Bekannten, das Cappo Caccia. Von der spektakulären Halbinsel aus wollte ich bereits das letzte Mal den Torre della Pegna erwandern. Der Steinturm aus dem 16. Jahrhundert thront auf einer 270m hohen Meeresklippe und ist in gut 1,5 Stunden zu erwandern. Leider war ich damals zu spät dran und musste wegen Einbruchs der Dunkelheit vorzeitig abbrechen. Dieses Mal klappte es aber. Die Wanderung belohnt mit einer herrlichen Aussicht. Besonders die Steilküste nördlich des Torre della Pegna hat es mir angetan. Eine Steilklippe reckt sich in einem eleganten Schwung kühn gegen den blauen Himmel. In der Dunkelheit ist allerdings die Wegfindung durch die dichte Maccia etwas schwierig, weshalb ich nicht bis Sonnenuntergang geblieben bin. Dafür konnte ich am Rückweg bei bestem Licht das Cappo Caccia und die, wie eine Haifischflosse geformten, Isola di Foradada fotografieren.
 
 

Blick zum Punta Cristallo vom Torre della Pegna aus gesehen

 

Das Capo Caccia mit der Haifischlosse Isola di Foradada

Die Appartementanlage Pischina Salida mit dem Torre di Tramariglio am Capo Caccia

 

Weiter südlich entdeckten wir einen für uns neuen Küstenabschnitt. Dort, wo der Rio Mannu ins Meer fließt gibt es eine kleine Halbinsel mit dem Namen Punto Foghe. Die Gegend ist sehr abgelegen. Es führt zwar eine Straße hier her, aber wegen der vielen Schlaglöcher ist sie nicht ganz einfach zu befahren. Auch hier gibt es, wie überall an Sardiniens Küsten, einen spanischen Wehrturm - einen Torre - aus dem 16. Jahrhundert. Am meisten überrascht mich aber die üppige Vegetation rund um den Punto Foghe. Im Abendlicht und zu Sonnenaufgang am nächsten Morgen gelingen mir ein paar schöne Aufnahmen. 

Der Torre Costiera am Punta Foghe im Westen Sardiniens
 
Blühende Vegetation am Punta Foghe

 

Dass Sardinien auch Kultur kann, zeigt uns eindrucksvoll der Besuch des Temio di Antes. Zunächst staunen wir hauptsächlich über den mächtigen Römischen Tempel, der zu Ehren des Gottes "Sardus Pater" errichtet wurde. Bei genauerem Hinsehen werden aber noch Mauerreste eine Punischen Temples und Reste eine Nuraghendorfes sichtbar. Das schöne Tal in der Nähe des Ortes Fluminimaggiore ist also schon seit langer Zeit ein heiliger Ort.

 

Der Tempio di Antes bei Iglesias

 

 

Nach einer guten Woche brachte uns die Fähre wieder zurück ans italienische Festland. Wieder einmal war Sardinien in allen Belangen die Reise wert. Auch mit den mitgebrachten Fotos bin ich sehr zufrieden. Und wie so oft, habe ich auch dieses Mal wieder Ecken entdeckt, die enormes fotografisches Potenzial haben. Ein Wiedersehen mit Sardinien ist also fast schon vorprogrammiert ...